Ich war am Mittwoch in einer Klinik. In einer Klinik für Psychotherapie. Ein Therapeut, den ich aufgesucht hatte wegen meiner unkontrollierbaren Wutattacken, hatte mir empfohlen mal einen Termin dort zu machen.

Auf dem Weg zu der Klinik hatte ich eine Panikattacke: „Was, wenn ich mich verlaufe? Ich werde gerade von allen Menschen verurteilt, sie wissen wohin ich gehe und, dass ich nicht normal bin. Ich habe Angst, dass mir dort keiner glaubt. Dass man mich wieder auslacht und als Lügnerin hinstellt. Was mache ich nur, wenn ich das Gebäude nicht finde?“ Ständig kreisten diese Gedanken ihn meinem Kopf herum.

10:30 Uhr sollte ich da sein. Ich war um kurz vor 10 Uhr an der Anmeldung im Gebäude N. Soweit hatte ich erstmal alles geschafft. Die erste Welle der Beruhigung. Dann wieder Anspannung: Ich muss noch den richtigen Raum finden. Um mich herum Patienten der ambulanten Tagesklinik und ich sitze auf dem Klappstuhl, der an der Wand angebracht ist und warte auf die Psychologin.
10:25 Uhr und immernoch kein Zeichen von ihr. Weil ich seit 10 Uhr da rumsitze wie bestellt und nicht abgeholt, weiß ich, dass jeder, der mich sieht, mich verurteilt, sich über mich kaputtlacht. Ich starre angestrengt aus dem Fenster und versuche ruhig zu bleiben.
10:38 Uhr und die nächste Panikattacke macht sich bereit mich zu überschwemmen, da kommt die Psychologin endlich um die Ecke. Ich war richtig, sie nur etwas unpünktlich. Erste Gedanken an komplette Ablehnung machen sich bei mir bemerkbar.

Das „Vorstellungsgespräch“ beginnt: Wie bin ich auf diese Klinik aufmerksam geworden, ob ich schonmal eine Therapie gemacht hätte und und und. Und dann wird über den Verdacht diskutiert, den der Therapeut geäußert hat. Es werden Kriterien gesammelt, um eine Diagnose stellen zu können. Und dann bekomme ich Infos. Jede Menge Infos. Anlaufstellen, ein Formular für die Anmeldung in die Tagesklinik, einen Muster-Therapieplan. Und als ich die Worte „12 Wochen sind Sie dann hier von morgens bis abends“ höre, verschiebt sich die Realität. Ich sehe, wie sich ihr Mund bewegt, alles ist irgendwie in Zeitlupe, den Sound hat jemand abgestellt. Es ist alles zu viel. Ich spüre mich selbst nicht mehr. Ich bermerke wohl, dass ich nicke und irgendwas sage, aber ich kann mich an nichts erinnern.
Ein Handschlag: ich verspreche ihr entweder in die Klinik zu kommen oder anzurufen, wenn meine Suizidgedanken ein Ausmaß annehmen, welches ich nicht mehr kontrollieren kann, obwohl ich noch nie den Versuch gemacht habe.
Auf der Anmeldung zur Tagesklinik steht „Hochrisikoverhalten: bewusst über vielbefahrene Straßen gehen“ – es würde dazu noch ein Vertrag geschlossen werden bei Aufnahme, dass ich das nicht mehr mache.
Ein weiterer Handschlag zum Abschied und die Botschaft an mich, dass sie es toll findet, dass ich heute in der Klinik war. Es gehöre viel Mut dazu.
Ein Tipp für mich, wenn ich unausgeglichen bin: meinen Lieblingsfilm oder Serie gucken.

Auf dem Weg nach Hause laufe ich neben mir her. Der Weg zurück hat fast 40 Minuten gedauert, aber gefühlt waren es 5 Minuten. Auch hier habe ich Vieles nicht mitbekommen. Alles ist in meiner Erinnerung nur sehr wirr und verschwommen. Ich kann von Glück reden, dass mir nichts passiert ist.

Jetzt heißt es darauf warten, dass ich einen Therapieplatz bekomme. Ich weiß noch nicht, wie ich die Anlaufstellen in Anspruch nehme, bin noch ziemlich platt von dem Ergebnis.
Es ist noch nicht wirklich zu mir durchgedrungen:

Ich bin Borderlinerin.

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